Jagdliche Führung

 

  

Liebe Setterfreunde

Als das Thema Jagd ausgeschrieben wurde, dachte ich; jawohl da werde ich auch einen kleinen Bericht schreiben. Nun sitz ich da, habe bis zum allerletzten Moment gewartet, weil ich einfach nicht schlüssig war, über was ich eigentlich im Thema Jagd schreiben soll. Schreibe ich, wie ich zum jagdlichen Arbeiten mit meinem Setter kam oder von meinen beiden Trainingswochen in Polen? Erzähl ich von meiner allerersten Prüfung oder wie schwerwiegend sich mein Setter sich als Jagdhund verändert hat? Interessiert es die Leser, mit wieviel Freude mein Hund über Stock und Stein düst um einen Fasan oder ein Rebhuhn aufzuspüren, oder dass mein Hund auf unserem täglichen Spaziergang immer noch ganz der Alte ist.

Am besten fass ich alles zusammen und berichte von jedem etwas.

Ich wollte nie mit meinem Hund Jagdsport betreiben, dass war mir schon vor dem Kauf meines Gordon Setter‘s klar. Da man auch sehr wenig darüber weiss, reimt man sich die wildesten Geschichten im Kopf zusammen und man stellt sich vor wie der sanfte, verschmuste Setter, wenn er einmal im wahrsten Sinne des Wortes Blut geleckt hat, zum sicheren Raubtier und Bestie mutiert. Nein, nein das wollte ich auf keinen Fall.

An einem Abend im Kurs vom SPCS wurde ich von einem Mitbestreiter angehauen, ob ich am Wochenende auch ans TAN im Elsass komme. Blauäugig, wie ich war, hab ich mich überreden lassen im Elsass zu erscheinen, da es sich ja scheinbar nur um einen Info-Tag handelte. Am Samstag wurde ich dann schnell eines Besseren belehrt, nämlich dass es sich bei diesem besagten TAN um eine Anlageprüfung handelt. Unverbesserlicher Optimist wie ich bin, dachte ich wenn wir schon mal da sind, Augen zu und durch, obwohl mein Gordon Setter die zu suchenden Hühner nicht mal aus dem Fernseher her kannte. Kurz wir haben das TAN zwar bestanden, aber wir haben uns nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Wir wurden wie viele andere auch eher als unfähig tituliert. Am Nachmittag hatte ich dann die Möglichkeit mit dem Profi-Dresseur aufs Feld zu gehen und die packten wir auch am Schopf. Da wir nun das oben erwähnte Huhn nun schon etwas kannten, sah plötzlich alles ganz anders aus und unserer Begleiter meinte ich müsse unbedingt mit dem Hund jagdlich etwas machen, es wäre jammerschade, wenn man so ein Talent nicht fördern täte. Dieses Gespräch hat es wirklich gegeben und handelt sich nicht nur um ein Hirngespinst, aus Frust in meinen Kopf entstanden. Auf dem Heimweg war ich dann ziemlich geknickt, weil ich dachte mein armer Hund muss nun ein trauriges unglückliches Leben fristen, weil er nicht zur Jagd darf, ich wollte immer noch nicht.

Im SPSC-Kurs habe ich dann meinen jetzigen "Ausbildungs-Guru“ kennengelernt, er hat mich mal nur so zum Spass in sein Revier ins Elsass mit genommen und wir haben meinen Sidney etwas laufen und suchen lassen. Mir ist mein Herz schon etwas aufgegangen als ich sah wieviel Freude dies alles meinem Hund bereitet -- Hab ich meinem Hund je einen Wunsch abschlagen können — nein! Und im Handumdrehen waren wir auch schon für unsere erste Trainingswoche in Polen angemeldet, der dann im Herbst eine zweite folgte.

Mit der Mentalität der polnischen Fasanen und Rebhühnern konnten wir uns beide nicht so recht anfreunden und leider waren diese beiden Wochen von Training her leider für uns nicht so erfolgreich aber vom kameradschaftlichen her war es super. Ich hatte auch sehr viele Gleichgesinnte getroffen und nicht wenige gute Freunde gewonnen.

Nach der zweiten Polen-Woche war ich sogar soweit frustriert, dass ich die ganze Jagerei sein lassen wollte, da ich doch wirklich sehr an meinem Hund gezweifelt hatte und gedacht hatte er nehme die Jagd nur zum Anlass völlig plan- und ziellos durch die Prärie zu brettern und dass er eigentlich gar nicht weiss, war er da so treibt.

Zuhause sind wir dann aber doch wieder im Elsass erschienen und oh Wunder mein Goldstück hat endlich den Knopf aufgemacht. Und von da an lief es immer besser und wir wagten es sogar uns an eine Herbst Anlage Prüfung in Deutschland anzumelden.

Diesen Mut bescherte mir einige schlaflose Nächte, weil ich mir fast nicht vorstellen konnte, dass wir da nicht mit Pauken und Trompeten durchfallen würden. Ich hatte mir auch zahlreiche Strategien zurecht gelegt, wie, wenn beispielsweise Sidney die Ohren völlig auf Durchzug stellt und wieder einmal sein eigenes Ding durchzieht, ich mit unschuldigem Augenaufschlag erwähne, das hätte er noch nie gemacht. Oder wenn er gar nicht zum Vorstehen kommt und sich gleich das Huhn krallt, ich mich mit einem entrüsteten, das ist aber das erste mal, das kenn ich gar nicht von ihm.

Ich war überzeugt, wenn mir sämtliche Götter beistehen würden, könnten wir es vielleicht schaffen zu bestehen und nur das wollten wir oder mehr ich, meinem Sidney ist es nur wichtig sich so richtig auf dem Feld aus zu ko... ich nenn es lieber, so richtig Gas zu geben.

Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Mein Sidney hatte sich von der besten Seite gezeigt und seine Leistung wurde mit einem 1.Platz mit vorzüglichen 17 Punkten honoriert. Ich konnte es gar nicht glauben ich hatte mich so riesig gefreut über diesen Sieg da er auch sehr unerwartet kam. Ich muss erwähnen, dass es sich bei dieser Prüfung um eine Anlageprüfung handelte, aber jeder hat mal klein angefangen und die 17 Punkte müssen erst geschafft werden. Am nächsten Tag wagten wir uns sogar an die nächst höhere Stufe, auch diese Prüfung konnten wir bestehen, nicht so überwältigend gut wie am Vortag, da Sidneys Dickschädel uns etwas in die Quere kam.

Nun hatte ich plötzlich Blut geleckt, es ist schon toll, wenn sich die ersten Erfolge einstellen, da kann man schon etwas süchtig werden. Ich bin bis nach Westhausen, in der ehemaligen DDR gefahren oder nach Lelling in Frankreich was mit 300km Entfernung praktisch vor der Haustüre lag, um mit meinem Hund Prüfungen zu laufen, auch wenn meine Familie mich für verrückt erklärte und mit Enterbung drohte.

Wir haben noch einen weiten Weg vor uns aber mit dieser kompetenten Hilfe die wir im Rücken haben, werden wir es hoffentlich zu etwas bringen. Ich mach mir keine Illusionen, im Team Sidney/Pia bin ich der bedeutend schwächere Teil, aber das schöne ist, dass Hunde nicht nachtragend sind und egal ob wir in der 1. Liga oder nur in der 3. Liga spielen, das ist meinem Sidney nicht wichtig, Hauptsache er hat die Möglichkeit sich als Field Trialer auszuleben.

Ein bisschen stolz bin ich auf mich natürlich schon, da ich meinen Hund selber führe und dafür auch hart gearbeitet habe. Ich lasse meinen Hund nicht von einem Dresseur führen und kann mich an den Erfolgen meines Hundes nur aus der Ferne ergötzen oder in Berichten lesen, was er wieder Tolles vollbracht hat. Ich geniesse es mit meinem Hund bei Wind und Wetter durch den Matsch zu stapfen und ihm dabei zu zugucken mit welcher Leidenschaft er seiner Passion fröhnt. Natürlich sind Erfolge etwas wahnsinnig schönes und versüssen die ganze Sache erheblich.

Als ich mit der Jagerei begonnen hatte, warnten mich sehr viele Menschen und meinten ich soll es lieber bleiben lassen. Schlafende Hunde soll man nicht wecken, mein Hund werde sich enorm verändern und ich könne kein normales Leben mit ihm führen. Keine Spaziergänge mehr in der Nähe von Wald, höchstwahrscheinlich könne ich meinen Hund auch nicht mehr von der Leine lassen, da er nur noch das jagen im Kopf habe. Dazu kann ich nur soviel sagen. Sidney kann sehr wohl unterscheiden, wenn wir im Training oder auf dem Hundespaziergang sind, es hat sich überhaupt nichts verändert. Er funktioniert noch genau wie früher mit dem Vorteil dass er gelernt hat, dass man nicht alles jagen und packen darf, das haben wir ihm schliesslich beigebracht.

In meinem Geschäft ist kürzlich ein Kaninchen ausgebüxt, das bei mir zu scheren war und wusste nicht besseres als über meinen liegenden Hund zu hoppeln und zwar hin und zurück, bis wir den halsbrecherischen Ausflug von Meister Lampe stopen konnten. Mehr als einen müden Blick hatte Sidney für diese Situation nicht übrig. Das Kanickel hätte beim Dackel meiner ehemaligen Lehrtochter diesen waghalsigen Ausflug mit dem Leben bezahlt und dieser Dackel wurde nie jagdlich geführt. Sidney schmust mit Meerschweinchen, Kaninchen und Katzen immer noch genau so wie früher. Er ist der einzige Setter der bei unserem grossen Meerschweinchen-, Hasen- und Entengehege nicht stundenlang vorsteht, das interessiert ihn gar nicht gross. Im Training schläft er im Auto tief und fest neben der Schachtel mit den Fasanen, die er fünf Minuten später mit der grössten Leidenschaft sucht. Welcher Hund ist da nicht versucht sich eine kleine Zwischenmahlzeit zu gönnen?

Für mich hat sich mit dem jagdlichen Arbeiten überhaupt nichts verändert, ausser dass ich ein neues interessantes Hobby gewonnen hab und ich sehr viel an der frischen Luft bin. Auch hab ich nicht die Achtung vor anderen Lebewesen verloren und in der Regel endet das Field Trial für das gesuchte Huhn nicht tödlich, denn es wird ja von Hund nur gesucht.

Als letztes möchte ich mich bei diesen Freunden bedanken, die an mich und meinen Hund glauben und die unbeschreibliche Mühe die sie auf sich nehmen um aus Sidney und mir ein funktionierendes und brauchbares Team zu machen. Ich bewundere ihre starken Nerven und ihre Geduld, auch wenn es nicht immer einfach ist und ich hoffe das diese Zusammenarbeit noch lange anhält.

 

Es grüsst Euch herzlichst

Pia Blatter und Black Joggers Ebony-Sidney

 

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Quellenangabe

 
 

Photo: Pia Blatter  Black Joggers Ebony-Sidney  Besitzer Pia Blatter Schweiz

 

 

© Pia Blatter/Silvia Gabler
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